Haltungstraining (Balettgymnastik) für Menschen mit Amputationen


Von Januar 2021 bis Juni 2021 absolvierte ich einen Haltungskurs, angeboten von einer Moskauer Balett- und Gymnastikschule.

Das Übungssystem wurde genau im Kurs erklärt. Aus der anatomischen Sicht, entsteht eine gerade Körperhaltung, wenn:
  • Das Becken sich in einer "neutralen" d.h. geraden Position befindet (kein Hohlkreuz!)
  • Die mittlere Rückenmuskulatur (Latissimus dorsi) ist angespannt und drückt den mittleren Rücken nach vorne raus, dabei senken die Schulterblätter, ohne dass sie zueinander ziehen.
  • Das Gesäß und der Bauch sind angespannt, um die Beckenposition zu unterstützen.
  • Der Nacken ist lang, und das Kinn ist leicht Richtung Hals und nach oben gezogen (es bilden sich keine "Falten" im Nacken)
  • Das Gewicht ist gleichmäßig auf die Füße verteilt, dabei ist es darauf zu achten, dass die Außenkanten von Füßen belastet sind und die Zehen, v.a. der große Zeh leicht abgespreizt sind.

Obwohl es auf dem ersten Blick schwer vorstellbar ist, dass für Menschen mit Beinamputationen balettbasierte Übungen vom Vorteil sein können, auf der anderen Seite tanzen die Ballerinas viel auf einem Bein und müssen dabei ihre Körperhaltung über die richtige Muskelanspannung stabilisieren.

Die meisten Übungen wurden auf der Matte im Sitzen und im Liegen durchgeführt, einige wurden aus Pilatesübungen abgeleitet (z.B. Rolling Like a Ball, One Leg Circles oder Side Leg Kick). Der Fokus lag dabei auf die Streckung der Wirbelsäule und die Anspannung der Gesäß- und Rückenmuskulatur.

Ferner wurden klassische Balettübungen eingeleitet, wie Plié, Relevé und Port de Bras. Teilweise musste ich die Übungen im Stehen durch die Übungen im Liegen ersetzen, was aber durch die Kursaufbau für mich ziemlich intuitiv war.

Abgesehen von Kräftigung wurde viel Wert auf die Faszien-Dehnung gelegt, und auch das Zusammenspiel von faszialen Ketten im Körper. Insbesondere wurden Tiefe Frontallinie (TFL) und die Oberflächliche Frontallinie (OFL) und die Oberflächliche Rückenlinie (ORL) bei den Übungen behandelt (nach T. Meyers).

Ich habe vom Kurs sowohl als Betroffene als auch als Trainerin sehr profitiert. Durch den Aufbau von den richtigen Muskeln, wie Beckenbodenmuskulatur, stabilisierende Bauchmuskulatur, Kräftigung von Latissimus und des Gluteus maximus, gelingt es mir, sowohl beim Stehen, als auch beim Sitzen meine Wirbelsäule maximal zu strecken und somit für die muskuläre Fehlbelastung durch die Amputation zu kompensieren. Auch beim Gehen fehlt es mir leichter, mich zu stabilisieren und auch den Fuß physiologischer zu belasten.




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Pilates und Yoga: Ein Vergleich für Menschen mit Einschränkungen

Pilates für Beinamputierte - Übungen im Sitzen Teil 1

Tanzen mit Beinamputation: Vortrag und Vorführung